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Georg Vith


Die Camera obscura ist seit 1989 ein Bestandteil meiner zeichnerischen Arbeit. Die Zeichenkameras entwickle und baue ich selber und passe sie meinen zeichnerischen Bedürfnissen an. Mit den Kameras entstehen Serien von Zeichnungen auf Transparentpapier. So ist z. b. im Jahr 2000 ein Archiv mit ca. 3800 Zeichnungen im Format 42x68 mm entstanden.

Ein Bild ereignet sich

Mit dem Blick auf die Mattscheibe der Zeichenkamera ereignet sich jedes Mal ein Bild. Die Zeichenkamera ist wie eine Taucherglocke, die das Auge aus dem Alltag entführt und eine Interaktion zwischen Zeichner und Bild auslöst. Sie setzt die Wirklichkeit in einen Rahmen und fokussiert den Blick. Das Licht, das durch das Objektiv der Zeichenkamera auf einen Spiegel trifft und schließlich auf der Mattscheibe ein Kopf stehendes Bild erzeugt, fordert auf zu einem Dialog mit dem eintreffenden Ausschnitt der Wirklichkeit.

Auf der Mattscheibe liegt das Transparentpapier, eingespannt in einen Rahmen, es ist der eigentliche Bildfänger. Strukturen und Formen des eintreffenden Bildes werden durch das aufgelegte Papier gefiltert. Beim Suchen, Zeichnen und Schauen entsteht ein permanentes Wechselspiel von ordnenden und Struktur bildenden Prozessen, der Stift bewegt sich leichtfüßig über das Papier und webt eine neue Wirklichkeit. Er hinterlässt Spuren, Farbschichten legen sich über das Bild auf der Mattscheibe.

Das mit der Zeichenkamera eingefangene Bild entschwindet durch das Überzeichnen allmählich und gibt Raum für innere Bilder, die durch den Zeichenprozess entstanden sind. Das Bild verselbstständigt sich und wird durch Gedankensprünge überlagert. Reste von Farbstaub liegen auf dem Papier, sie werden weggeblasen, das Blatt aus dem Rahmen genommen und durch ein neues Blatt ersetzt. Ein Dialog mit einem neuen Bild kann beginnen. Das nächste Bild ereignet sich.
Georg Vith 2008

Mikrologien

„Die Figur des Kleinen hat viele Gesichter. Das Kleinliche, das Nebensächliche, Triviale und Haarspalterische verbinden sich damit ebenso wie die großartige Vorstellung, dass im Kleinen eine ganze Welt beschlossen liege. Diese Spannweite betrifft auch den Begriff der Mikrologie. Er meint die Lehre von den kleinen Dingen, die mit der Erfindung des Mikroskops ihre wissenschaftliche Nobilitierung erfahren hat. Wie der mikroskopische Blick als Verfahren von den Wissenschaften der Natur in die Geisteswissenschaften übergeht und die Lektüre symbolischer Gebilde steuert, so stellt sich auch hier die Frage: Erschöpft sich dieser Blick in Haarspalterei, die sich an ihrem eigenen Eifer erfreut, oder erschließt er etwas, das abgründig, heimlich und unheimlich in den Dingen keimt, wimmelt, monaden- und atomhaft haust?“

aus: Marianne Schuller, Gunnar Schmidt, Mikrologien, Figuren des Kleinen,transcript Verlag, Bielefeld, 2003

 
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